13-Jährige bringt frischen Wind zu Senioren
Ehrenamtlich für Senioren aktiv
Bingo!“, ruft Wilma Behnen. Die 93-Jährige hat das Spiel gewonnen. Zusammen mit einigen Mitbewohnern sitzt sie an einem Tisch in einer Wohngemeinschaft der Seniorenwohnanlage des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Sögel. Mitten unter ihnen ist Clara Thesing. Die seit Kurzem 13-Jährige aus Lahn leitet das Spiel. Aber nicht nur das. Jede Woche kreuzt Clara Thesing in der Einrichtung auf, um Zeit mit älteren Menschen zu verbringen – aus eigenem Antrieb und ehrenamtlich. „Wir freuen uns immer, wenn sie kommt“, sagt Wilma Behnen.
Den Ausschlag für Thesing gab eine Unterhaltung mit ihrem Opa über dessen Schwester, also ihrer Großtante. Sie lebe in einem Alten- und Pflegeheim im Emsland und sie habe erfahren, „dass sie da nicht viel machen“, berichtet die Schülerin im Hinblick auf die Freizeitgestaltung in der Einrichtung. Daraufhin habe sie sich berufen gefühlt, etwas zu tun. Ihr Vater habe in mehreren Einrichtungen vorgefühlt und gefragt, ob sie sich freiwillig engagieren dürfe. Überall habe es Absagen gegeben – nur in der DRK-Wohnanlage in Sögel nicht. Die anderen Einrichtungen schreckten offenbar auch vor Clara Thesings Alter zurück. Denn als sie sich entschlossen hatte, ihre Dienste anzubieten, war sie erst elf. „Wir haben es einfach probiert und schnell gemerkt, dass Clara einen anderen Zugang zu unseren Bewohnern hat“, sagt Hausleiterin Ute Kuper. Entsprechend hat weder sie noch haben ihre Mitarbeiter und erst recht die Bewohner es nicht bereut.
„Kinder und Jugendliche schaffen Begegnungen, die wir den Bewohnern so nicht geben können. Das ist eine andere Ebene“, betont Kuper. Von Thesings Umgang mit den älteren Menschen zeigt sich die Hausleiterin schlicht fasziniert. Sie bringe ihnen eine ungeheure Wertschätzung entgegen. „Die Bewohner freuen sich immer, wenn unsere Clara ins Haus kommt. Das ist einfach etwas Schönes“, so Kuper. Einmal pro Woche wird Thesing von ihrem Vater für zwei Stunden in die Einrichtung gefahren, um frischen Wind in die Wohnanlage zu bringen und sich mit den Senioren zu beschäftigen, die Lust haben und dazu in der Lage sind. Ob Spielen, Basteln oder Vorlesen – der Siebtklässlerin, die das Gymnasium Werlte besucht, fällt immer etwas ein. Bei den Spielen sind außer Bingo, „Elfer raus!“ und das „Eselspiel“ ein Renner.
Als sie zum ersten Mal in den Wohnpark stiefelte, sei sie zunächst durchaus etwas nervös gewesen. „Wir sind ja auch gefährlich“, witzelt daraufhin Harald Klingler (Geburtsjahrgang 1946). Die Frage nach seinem exakten Alter beantwortet er so: „Ich habe schon lange nicht mehr auf meinen Personalausweis geguckt.“ Zwei Plätze neben Klingler sitzt Margarethe Feldmann. Die gebürtige Werpeloherin hat kürzlich ihr 101. Lebensjahr vollendet. Ihre Freunde hätten zunächst etwas komisch reagiert, als sie ihnen von ihrer Tätigkeit erzählt habe, berichtet Clara Thesing. Längst hätten sie das aber anerkannt. Nachahmer hat die 13-Jährige, die ihre Freizeit unter anderem auch mit Babysitten, Freunde treffen und Radfahren verbringt, bisher aber nicht gefunden. Die Zeit mit den Senioren bedeutet Thesing, die beruflich etwas noch nicht näher beschriebenes Soziales machen möchte, viel. „Es ist einfach toll. Alle haben Spaß“, sagt sie. Auch mit ihren eigenen Großeltern würde sie nach eigenem Bekunden am liebsten jeden Tag Spielen. Leider jedoch hätten sie nicht immer Zeit. Thesing wird ihre Besuche auch in den Sommerferien fortsetzen. „Dann hast Du ja jeden Tag Zeit“, sagt Wilma Behnen. Aber an diesem Nachmittag wird erst einmal weiter Bingo gespielt.
Quelle: Neue OZ epaper